Monnickendam: Ledertapete aus dem 18. Jahrhundert

An welches Material denkt man, wenn man das Wort „Tapete“ hört? Wahrscheinlich wird es Papier sein. Wenn man sich schon einmal mit diesem Thema beschäftigt hatte, denkt man vielleicht an Vinyl, aber natürlich nicht an Leder. Doch bis zum 18. Jahrhundert wurden in Europa Ledertapeten in wohlhabenden Häusern ebenso verwendet wie Gobelins.

Leider ist die Ledertapete sehr licht- und feuchtigkeitsempfindlich und muss regelmäßig gepflegt werden. Aus diesen Gründen sind nur sehr wenige Exemplare erhalten geblieben. Einige Fragmente solcher Tapeten sind in Museen zu finden, aber es gibt nur sehr wenige Orte, an denen sie als Teil der ursprünglichen Inneneinrichtung vollständig erhalten geblieben sind. Ein solcher Ort ist das ehemalige Rathaus der niederländischen Stadt Monnickendam aus dem Jahr 1746.

Es bewahrt einen ganzen großzügigen Saal, dessen Wände mit vergoldeten Ledertapeten verkleidet sind, die vermutlich von einem Kunsthandwerker namens Nicolaas Blankert hergestellt wurden.

Die Technologie selbst stammt aus Nordafrika und verbreitete sich um das neunte Jahrhundert herum in Spanien. Im vierzehnten Jahrhundert gab es in Barcelona sogar eine eigene Handwerkergilde, die die „goldene Haut“ herstellte. Zwischen dem 15. und 16. Jahrhundert hatte die Technologie Nordeuropa erreicht. In vielen Städten wurden Produktionszentren eingerichtet. In Amsterdam zum Beispiel gab es mindestens 11 Lederhandwerker, die sich auf diese Art von Tapeten spezialisiert hatten.

Ein Beispiel für die Verwendung von Ledertapeten in Innenräumen des 17. Jahrhunderts.
Pieter de Hooch, Public domain, via Wikimedia Commons

Diese Menge an Gold im Raum kann nicht übersehen werden, aber der Trick bestand darin, tatsächlich Blattsilber für die „Vergoldung“ zu verwenden. Zunächst fertigten die Handwerker Reliefformen aus Holz an, mit denen sie das feuchte Kalbsleder prägten. Anschließend wurde das Muster bemalt, vergoldet und lackiert.

Die Herstellung von hölzernen Reliefformen war sehr aufwändig, daher wurden sie so viel und so lange wie möglich genutzt. Der Nachteil war aber, dass die Muster oft nicht mit der Mode Schritt hielten.

Blumenmotiv auf Tapete

Seit Mitte des 18. Jahrhunderts die Druckmaschine erfunden wurde, die es ermöglichte, Tapeten auf Papier zu drucken, waren Tapeten aus Leder ein Ding der Vergangenheit.

Das ehemalige Rathaus von Monnickendam ist einer der wenigen Orte, an denen einzigartige Tapeten nicht nur bis ins 20. Jahrhundert hinein erhalten geblieben sind, sondern auch den Zweiten Weltkrieg überstanden haben.

Nachfolgend sind Fotos der Innenräume von 1949 zu sehen. Im Laufe der vergangenen 70 Jahre wurde der Fußboden ausgetauscht und ein luxuriöser Kronleuchter hinzugefügt. Die Tapeten und der Stuck sind dank der Bemühungen von Restauratoren bis heute in sehr gutem Zustand erhalten geblieben.

Rijksdienst voor het Cultureel ErfgoedCC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Rijksdienst voor het Cultureel ErfgoedCC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Rijksdienst voor het Cultureel ErfgoedCC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Was mich an dieser Geschichte am meisten beeindruckt, ist, wie schnell und spurlos das Handwerk, dem Generationen von Handwerkern ihr Leben gewidmet haben, verschwinden kann. Im Laufe der Jahrhunderte waren die Menschen bereit, ein großes Geld für ihre Arbeit zu bezahlen, aber der technische Fortschritt ist unaufhaltsam; in nur wenigen Jahrzehnten verschwindet ihr Beruf, und nach ein paar hundert Jahren kann sich niemand mehr vorstellen, dass jemand Tapeten aus Leder herstellen könnte.

P.S.: Als Bonus kann man im ehemaligen Rathaus auch die ebenso einzigartige Holztreppe betrachten, die sich vom Keller bis zum Dachfirst erstreckt und dabei ein Oval bildet.